Trend zum geteilten Arbeitsmarkt

Viele Verlierer und wenig Gewinner der Niedriglohnstrategie

Die Analysen werden immer genauer, der Befund ist längst eindeutig. Wenn es der Wirtschaft früher gut ging, nahm der Sockel der Arbeitslosigkeit deutlicher ab. Die Rekordarbeitslosigkeit ist seit 2005 gesunken und die Erwerbsquote steigt. Die Unterbeschäftigung ist ein Viertel höher als die offizielle Arbeitslosigkeit. Das ist keine Erfolgsmeldung, denn viele Arbeitslose werden nicht mitgezählt und das Arbeitsvolumen bleibt unverändert.

   Es verlieren gering Qualifizierte, denn sie werden von den etwas besser Ausgebildeten verdrängt. Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland mehr als 80 Prozent gut qualifizierte Niedriglöhner - das ist im internationalen Vergleich einzigartig. Der Plan der Hartz-Reformen, etwas für die gering Qualifizierten zu tun, ist nicht aufgegangen. Sie stehen nach wie vor am Ende der Warteschlange. Man hatte angekündigt, die Bildungsausgaben in fünf Jahren um 25 Prozent steigen zu lassen. Umgesetzt wurde nur der Kampf gegen den Lohndruck. Der Arbeitsmarkt wird weiter dereguliert, umgeschichtet und prekär. Gewachsen sind Teil- und Kleinjobs im Niedriglohnbereich, Vollzeitarbeit nimmt ab. Immer mehr Menschen bekommen immer schlechtere und schlecht bezahlte Arbeit, können von ihrer Arbeit allein nicht leben.

    Es gibt aber auch Gewinner: Gut qualifizierte Arbeitnehmer gewinnen. Sie werden von der Industrie gesucht, etwa in der Metallbranche.

Arbeit geht nicht aus, gering bezahlte Teilzeit boomt

 

Am Ende bleiben die niedrigen Löhne

Mit den Reformen drückt die Politik auf die Löhne und die Sozialeinkommen, um die Lohnnebenkosten zu senken. Einen Ausgleich sollen Leiharbeit und Minijobs bringen. Doch die staatlichen Subventionen kommen am stärksten bei denen an, die es am wenigsten benötigen. Die Gewinne sprudeln fleißig. Die Menschen mit kleinen Einkommen oder gebrochenen Biografien sinken im Alter in die Armut und die Aussichten auf einen Lebensabend verdunkeln sich.

 Der Arbeitsmarkt ist für Geringqualifizierte so verriegelt, weil die Produktivität der Wirtschaft stark steigt - und damit der Einsatz von Technik. Die Produktivität pro Erwerbstätigen seit 1991 um 22,5 Prozent gestiegen (Quelle: Statistische Bundesamt).

 

   Wie es aber bei dauerhaft schwachen Gewerkschaften gelingen soll, der Lohnspirale nach unten zu entgehen, ist fraglich. Seit vielen Jahren wird ein flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn gefordert. Bislang gibt es diesen nicht.

   Ein bürokratiearmes und existenzsicherndes Mindesteinkommen würde Kleinverdienern zu neuem lohnpolitischen Selbstbewusstsein verhelfen. Geringverdiener und Menschen im Hartz-IV-System sollten auch mal einen Job ablehnen können und nicht jede perspektivlose und entwürdigende Arbeit annehmen müssen. Der bürokratische Aufwand, Menschen in perspektivlose Jobs zu zwängen, ist größer als das Vertrauen und die Achtung der Menschenwürde bei der neuerlichen Hartz-IV-Reform. Bei Gewerkschaftern muss sich dieser Gedanke erst noch durchsetzen.

Phänomen Multi-Jobber

Von ihrem Hauptberuf können immer weniger Menschen leben. Überall steigt die Zahl der Nebenjobs. Im Zehn-Jahres-Vergleich gibt es eine Zunahme von teils über 120 Prozent an Menschen mit einem zusätzlichen Arbeitsverhältnis als weitere Einnahmequelle. Dafür sind die Niedriglöhne bei steigenden Lebenshaltungskosten verantwortlich. Die Preisspirale dreht sich vor allem bei den Wohnkosten. Abhilfe kann hier zum einen ein gesetzlicher Mindestlohn schaffen, zum anderen eine andere Lohnpolitik. Hier wird außerdem ein Mindesteinkommen vorgeschlagen, um dem Phänomen Minijob als Nebenerwerb zu begegnen.