Ten years after

Am 16. August 2002 übergab der Automobilmanager Peter Hartz seine Reformvorschläge für den Arbeitsmarkt an Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Das ist zehn Jahre her. Die Bilanz fällt gemischt aus, wie selbst der Chef des IAB in Nürnberg zugeben muss.

 

Die staatliche Grundsicherungsleistung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II oder auch Hartz IV) wurde von der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder/Fischer seit 2003 schrittweise eingeführt. Hartz IV sorgte ab 1. Januar 2005 für einen grundlegenden Wandel in der deutschen Arbeitsmarktpolitik. Keine Reform ist so umstritten wie Hartz IV: Treibt sie Millionen Menschen in die Armut, sind Hartz IV-Empfänger Sozialschmarotzer oder stehen wir am Beginn einer neuen Ära der Vollbeschäftigung und des Wirtschaftsaufschwungs?

(1) Die Halbierung der Zahl von registrierten Arbeitslosen dauerte nicht drei, sondern zehn Jahre. Gleichzeitig sind viele Menschen versteckt arbeitslos, haben keine Hilfeleistung zu erwarten oder schaffen es nur zu Kleinstjobs bei Minilöhnen und sind arm trotz Arbeit (Aufstocker). 

 

(2) Der harte Kern der Arbeitslosigkeit (Sockelarbeitslosigkeit) ist kaum abgeschmolzen, aber aus der Arbeitslosenstatistik gefallen (Stille Reserve) und werden nicht gezählt.

 

(3) Als größter Erfolg wird die größere Transparenz in der Statistik genannt. Die arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger sind nun Kunden der Arbeitsagentur und werden gezählt.

 

(4) Die Hartz-Reformen mögen gut gemeint gewesen sein. Die Bilanz: Ein riesiger Anschub für den Niedriglohnsektor. Dequalifizierung und Demotivierung, Sanktionen und Zumutbarkeit sind fast schlimmer als die Einkommensarmut und zerstören häufig das letzte Selbstwertgefühl.

 

(5) Bildungs- und Chancengleichheit sollen Armut verhindern. Das Fördern kommt aber zu kurz, zumal die alten Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik durch Hartz erst abgeschafft worden sind.

 

Fazit: 18 Mio. Arbeitslose in Europa mit teils 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit sind die Kehrseite der deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Den Krisenländern werden Reformen nach deutschem Muster empfohlen - bessere Gewinnchancen durch billigere Arbeitskräfte.

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